Kassel, Juni 2021
„Schüler verbringen 4,3 Stunden täglich mit Lernen“, schrieb das ifo-Institut als Ergebnis einer Umfrage zum Lernverhalten im zweiten Lockdown. Ein Aufschrei ging durch Deutschland. Unsere Kinder würden alle blöde. Denn an einem „üblichen“ Schultag würden sie sich 3 Stunden länger mit schulischen Belangen beschäftigen. Eine „extreme Belastung für die Lernentwicklung“, so der Chef des Instituts.
Schon im vergangenen Jahr, während des ersten Lockdowns, hatte das ifo-Institut eine ähnliche Warnung veröffentlicht. Damals war das Ergebnis, dass unsere Kinder statt der üblichen 7,4 Stunden täglich nur 3,6 Stunden für die Schule aufwänden würden. Hier blieb nur festzustellen, dass Zahlen zwar oftmals richtig waren, deren Interpretation allerdings auch durch Wiederholung nicht richtiger wurde.
Es war weiterhin kein direkter Zusammenhang zwischen dem zeitlichen Umfang des Lernens und der qualitativen Lernentwicklung gegeben. Die ausgesprochene Warnung war somit nicht nur falsch, sondern obsolet. Denn Lernen bedeutete viel mehr als die alleinige kognitive Beschäftigung mit deklarativem Wissen, welches heutzutage innerhalb von Sekunden im Internet abgerufen werden konnte (zum Beispiel die Aufzählung der Knochen eines Hundes im gymnasialen Biologieunterricht einer Klasse 5).
Aus meiner Sicht wäre endlich mal ein Aufschrei nötig, dass insbesondere unsere Kinder in der Oberstufe so sehr mit schulischem Lernen beschäftigt sind, dass sie weder Zeit haben, sich persönlich zu entwickeln noch sich außerhalb der Schule in ihrem Umfeld zu engagieren. Oder ging es bei der aktuellen Bildungspolitik bewußt nur darum, dass Kinder beschäftigt waren, damit Eltern mehr Zeit hatten, das nötige Geld zu verdienen, welches notwendig war, um ihren Kindern diese gute Bildung zu ermöglichen? Guten Morgen.